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Rebellen, Reformer, Revolutionäre.

Mozart, Beethoven und Schumann im Spiegel ihrer Zeit -

Französische und Deutsche Revolution zwischen 1792 und 1848.

Wie auf der politischen Bühne, findet auch unter Musikern der Übergang von einer Hofkultur zu einer selbstbewußten bürgerlichen Kultur statt. Klischeehaft verkörpern diesen Gegensatz Antonio Salieri als Vertreter des akkreditierten Hofmusikers und Wolfgang Amadeus Mozart als - gezwungenermaßen - freischaffender Musiker, der mit seinem Selbstverständis und Selbstbewußtsein beim Adel immer wieder aneckt. Bekannt ist auch Beethovens Wort gegenüber seinem Freund und Gönner Fürst Lichnowsky: "Was Sie sind, sind sie durch Zufall und Geburt, was ich bin, bin ich durch mich." Ähnlich hat sich Mozart gegenüber seinem fürstlichen Arbeitgeber Colloredo geäußert. Das ist gelebte "Gleichheit". Innerer "Adel des Geistes" wird dem äußeren Adel der Herkunft gleichgestellt. Ein solcher Anspruch kam beim konservativen Adel nicht immer gut an. Colloredo hat Mozart gefeuert. Beethoven kam in der Rolle des "enfant terrible" unter. Schumann, etwas jünger und aus anderen Verhältnissen kommend, hatte nie einen adeligen Arbeitgeber.
Mozart wurde also ein wenig wider Willen zum ersten freischaffenden Musiker, er hat den Widerspruch zwischen seiner politischen Haltung und seinem Wunsch nach einer Anstellung bei Hofe vielleicht selbst nicht richtig gesehen. Für Beethoven war diese Existenzform schon selbstverständlicher, obwohl auch seine Vorfahren - wie auch Mozarts Vater - Hofmusiker waren. Schumann kam schon aus einem bürgerlich aufgeklärten Haushalt, er mußte diesen Schritt also nicht mehr machen.

Alle drei Musiker haben in ihrer Arbeit das Zeitgeschehen und die Philosophie der Zeit verarbeitet, reflektiert, kommentiert. Das geschieht auf verschiedenen Ebenen. Zunächst ist die außermusikalische Ebene der Thematik zu nennen. Mozarts Oper heißt "Figaro" - das ist der Name eines Dieners. Mozart (und sein aufgeklärter Auftraggeber Kaiser Joseph II.) verlangte von seinem adeligen Publikum, sich eine Oper anzuschauen, deren Helden ein Kammerdiener und seine Freundin sind, und der Fürst - mit dem der adelige Zuschauer sich doch identifiziert - bekommt eine Lektion erteilt. Das kam gar nicht gut. Entsprechend war der Skandal. Beethoven nimmt in seinem Opernlibretto "Leonore" - ebenfalls eine Bürgerliche, und noch dazu eine Frau! (das hat Mozart sich nicht getraut, obwohl meiner Meinung nach im Figaro Susanna die treibende Kraft ist) - eine Begebenheit aus der Französischen Revolution auf. Schumann schreibt politische Lieder und "Stücke im Volkston". In seinen großen Bühnenwerken schildert er mehr den inneren Kampf der Protagonisten auf dem Weg zum "Adel des Geistes".
In der formalen Gestaltung kommen ästhetische Konzepte der Aufklärung zum Tragen. Inhalt und Form sollen sich entsprechen. Wenn die "message" es erfordert, in einer Sinfonie einen Chor auftreten zu lassen, dann tritt eben in einer Sinfonie ein Chor auf. Schumann entwickelt die "Nicht-Form" des Charakterstücks. Die barocke Koloraturarie entwickelt sich zu einer differenzierten Darstellung menschlicher Gemütslagen. Mozarts Königin der Nacht ist nicht einfach leere Stimmakrobatik. Jeder Ton ist Ausdruck einer ohnmächtigen Wut. Deswegen sagt Mozart: "Genau so viele Töne wie nötig sind". Man kann keinen einzigen weglassen, ohne den Ausdruck zu entstellen. In einer barocken Koloratur ist das möglich.
Darüber hinaus soll die Musik für den Hörer verständlich sein. Aus diesem Grund unternimmt Mozart den revolutionären Schritt, eine Oper auf Deutsch zu komponieren.
Die Revolution hat natürlich auch ihre eigenen Songs. Allen voran die Marsellaise (die unter Napoleon verboten war). Auch diese Lieder hinterlassen ihre Spuren in der Kunstmusik der Zeit. An Beethovens Streichtrio op. 3 fällt dem heutigen Spieler das kraftvolle Kopfmotiv des ersten Satzes auf. Wenn man weiß, dass dieses Trio aus demselben Jahr stammt wie die Marsellaise, und weiß, dass Beethovens politische Einstellung in Einklang mit der Botschaft dieses Liedes steht, fängt man an, im zweiten Takt ein Zitat zu hören. Indem wir die Musik in ihren historischen Zusammenhang stellen, fangen wir an, sie anders zu hören.

 

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